Dienstag, 14. Februar 2012

WIEDERKEHR DES GLEICHEN

WIEDERKEHR DES GLEICHEN
Wenn unsere Ahnen die Keulen und Faustkeile beiseite legten und in ihrem Kraal, so
wird es später in Südafrika genannt werden, beim Plausch im Kreise saßen, machten
sie sich Gedanken über die Götter. Für alle Bereiche des Lebens war ein Gott
zuständig, vermutlich nahm die Beschwörung für gutes Gelingen ähnlich viel Zeit in
Anspruch wie die sich anschließende Unternehmung selbst.
Dann kam eine Epoche, der Philosoph Karl Jaspers nennt sie die „Achsenzeit“, in der
das Denken große Fortschritte machte: Moses, Konfuzius, Buddha, Sokrates und
Jesus stehen für die Entwicklungen in Erkenntnis und Ethik. Unter anderem
reduzierte sich die Anzahl der Götter auf einen, mit weniger menschlichen
Eigenschaften als vielmehr echter Menschlichkeit in seinem Sinnen und Trachten.
Die geistige Entwicklung der Menschheit schritt weiter voran, die Welt wurde ohne
göttliche Hilfe erklärbar und verständlich.
An die Stelle der Gedanken über Götter trat die Vergötterung der Gedanken.
Hatte man früher aus der Bibel zitiert, um einen Standpunkt zu untermauern, schreibt
man jetzt: „Die Wissenschaft hat festgestellt, daß …“ Dabei wird die Quelle nicht
mal so genau angegeben, wie das bei Bibelzitaten üblich ist, hauptsache, es wird
allgemein daran geglaubt.
Nach der historisch durchgeführten Bankrotterklärung der rationalen Ethik hat sich
die Wirtschaftskraft menschlicher Gemeinschaften als verlässlichster Glaubensinhalt
erwiesen. Der Mammon wird angebetet, die Schar der Engel vertritt das Automobil
und der Heilige Geist führt sein Dasein im Versicherungswesen weiter.
Wir sitzen wieder im Kraal, huldigen dem alten Aberglauben, jetzt aber gottseidank
mit Krankenkasse, damit wir länger die Zähne zusammenbeißen können.

Dienstag, 7. Februar 2012

DER HAMMER

„Je höher der Affe am Mast klettert, desto mehr sieht man seinen Arsch“
(US-General „Stormin´Norman“ Gruntz auf die Frage, warum er nicht fürs
Präsidentenamt kandidiere).
Im 8.Jahrhundert war Karl Martell, sein Name bedeutet „der Hammer“, Hausmeier
im Frankenreich, also eine Art Premierminister. Souverän war der König aus dem
Geschlecht der Merowinger, hatte aber keine Macht mehr. Karl Martell setzte ihn
schließlich ab und etablierte seine eigene Familie, die Karolinger. Sein Enkel Karl der
Große war so bedeutend, daß er heute gleich für mehrere mitteleuropäische Staaten
als politischer Gründervater herhalten muß, er schafft das locker ohne Verlust an
Würde, denn er hat wohl schon zu seiner Zeit an die EU geglaubt.
Wenn heute jemand danach strebt, es dem Hammer gleich zu tun, stellt sich ihm die
Frage, wie kommt man dem Souverän bei. Der ist laut Verfassung das ganze Volk.
Man muß es sich wie ein großes Netz vorstellen: Die große Mehrheit sind die Löcher,
ihrem Wesen nach nicht greifbar. Dazwischen sind die Knoten, verbunden durch
Schnüre, aus denen sie selbst auch bestehen. Hier wird der Begriff „Seilschaft“
bereits deutlich. Die Knoten bilden das, was man auch „einflußreiche Kreise“ nennt,
falls einer ein Hammer sein will, von hier wird er geschwungen. Wenn er fest daran
glaubt, selbst zu entscheiden, welchen Nagel er trifft, kann er zufrieden alt werden.
Wenn er aber für das Netzwerk unerträglich wird, legt man ihn auf die Seite. Sanft
und freundlich, wer will schon Aufruhr im Werkzeugkasten

Montag, 6. Februar 2012

...WIE DICH SELBST

Meine altruistische Grundausbildung erhielt ich bei den katholischen Pfadfindern.
Daß sie nie zu einer Massenbewegung wurden, liegt vielleicht an der unzureichenden
Zahl von Omas und Blinden, die über die Straße geführt werden können. Da das
Motto „Jeden Tag eine gute Tat“ lautet, werden Hilfsbedürftige schnell zu Opfern der
Planerfüllung.
Aus allem kann man einen Wettbewerb machen, selbst aus Glaubensbemühungen. In
der christlichen Frühzeit standen meditierende Männer auf Säulen, deren Höhe
beständig zunahm, um einen Zuwachs an Frömmigkeit zu symbolisieren (Styliten
oder Säulenheilige genannt). Bis jemand erklärte, das sei Unsinn, ein Loch grub, und
sich meditierend hineinsetzte. Daraus entwickelte sich ein ganzer Berufszweig, der
einigen Regionen (z.B. Saarland, Ruhrgebiet) beträchtlichen Wohlstand brachte.
Ein kluger Kopf brachte Beten und Buddeln zusammen (ora et labora), begründete
damit das abendländische Klosterleben, dessen Tugenden auch die katholischen
Pfadfinder nachhaltig prägten.
Minder begnadete Religionspädagogen reden uns ein, Nächstenliebe bedeute, statt
behaglich am eigenen Daumen zu lutschen, den der Mitmenschen zu nehmen. Der
Einzug ins Himmelreich koste eben Überwindung. Dabei sind wir eine Gattung,
deren Nachwuchs jahrelange Betreuung braucht, es liegt in unserer Natur, uns um
andere zu kümmern. Kommt man diesem Bedürfnis nach, stellt sich Wohlbefinden
ein, ohne daß es einem schlecht wird.