Samstag, 4. Mai 2013

Buch-Haltung

, ich könnte genau dies zum Prinzip meines Lebens machen: bei großen Ereignissen nicht dabei sein.

Wollte ich überhaupt jemand sein? Ja und nein. Ich drängte hin zum Veröffentlichen, wollte aber gar nicht in der Öffentlichkeit stehen. Ich war ein Einzelgänger, konnte mir nicht einmal vorstellen, in einem Betrieb mit vielen zusammen zu arbeiten. Einzelgänger mit der Sehnsucht nach der Gruppe, mit dem Durst nach Anerkennung. Wollte im Stillen für mich etwas produzieren, um dann nicht als Person, sondern mit dem Produkt an die Öffentlichkeit zu gehen und den Ruhm still zu genießen.

, am liebsten wäre er stiller Teilhaber seines eigenen Lebens.

Dieser Mensch, der ich bin, hat kein Konzept. Ich weiß nicht aus mir heraus, was ich will. Ich werde genau das werden, was sich am günstigsten anbietet zu dem Zeitpunkt, wo ich mich entscheiden muss.

Die Zitate stammen aus dem Buch: „Bloß keine Einzelheiten!“ von Rainer Petto, erschienen im März 2013. Es ist die Fortsetzung seiner Autobiographie „Ein Kind der fünfziger Jahre“.
Seit Februar 1982 lebe ich im Saarland, zuerst in Dudweiler, seit 1983 in Saarbrücken. In wenigen Jahren bin ich in die Musikszene hineingewachsen und habe nach und nach vom kulturellen Rest das eine oder andere Gerücht aufgeschnappt. Durch das Buch ist aus Geschichten Geschichte geworden, die Wurzeln in meiner Wahlheimat haben sich tiefer gegraben. Das ist der eine Teil des Buches, erzähltes Leben und Erleben mitten zwischen Zeitgenossen, die selbst dann bereichern, wenn sie auf die Nerven gehen.
Die vier Zitate am Anfang deuten den Teil des Buches an, der mich so gepackt hat, daß ich es in einem Rutsch gelesen habe: Rainer hat für mich geschrieben. Ob er das vorhatte, sei dahingestellt, es hat sich so ergeben. Es ist seine Haltung, die er zu Menschen, Gedanken und Ereignissen einnimmt, die aus jedem Kapitel spricht. Und seine Haltung zu sich selbst.
Die erzählte Wirklichkeit, die Sicht der Wirklichkeit, und das Nachdenken über die Sicht der Wirklichkeit, die Fähigkeit zum inneren Dialog. Und das mit Humor.
Man muß nicht wissen, wo Saarbrücken liegt, um das Buch zu lieben.
Erschienen ist es bei epubli, man kann es in jeder Buchhandlung bestellen, die Exemplare werden nach Bedarf gedruckt und geliefert.

Mittwoch, 1. Mai 2013

Büchsenlicht

Man sollte Menschen nicht immer gleich für dumm halten, manche haben einfach nur öfter Pech beim Denken.“
Der Spruch hat mir auf Anhieb gut gefallen, meine Selbstachtung profitiert. In Diskussionen
wie auch am Schachbrett bin ich zeitweise vom Pech verfolgt, nehme es jetzt aber als atypisches Phänomen von singulärem Charakter wahr.
Ein Blick ins Küchenregal brachte mich auf die Idee, einen Vorrat an guten Ideen für Notzeiten anzulegen, übersichtlich sortiert und beschriftet wie Konservendosen, den Öffner stets griffbereit daneben. In politischen Debatten, einem intellektuellen Minenfeld, hilft die Dose „junge Erbsen mit Möhren“: Diplomatisches sowohl-als-auch, für jeden Geschmack erträglich, mit der Option, es könnte noch was Festes zum beißen kommen.
Früchtecocktail, gezuckert“: Ein paar Nettigkeiten in länglicher Büchse, damit es nicht zu plump wirkt. Fürs Schach eine Dose Billiggulasch mit abgelaufenem Verfallsdatum: Kein Wunder, daß ich verloren habe, so krank, wie ich mich fühle. Es ist in der Tat ausgeschlossen, einen gesunden Gegner mit ungetrübter Freude über die eigene Leistung zu besiegen. Und dann noch eine besonders große Dose, wenn auch verdächtig leicht, unbeschriftet, die ich mit den Worten Ich-hab-da-eine-Idee-muß-aber-nochmal-drüber-nachdenken vorzeigen kann. Wilhelm Busch schrieb dazu: „Und da das ganze ein Symbol, kann es nicht schaden, wenn es hohl.“
So kann die Erleuchtung im Notfall aus der Büchse kommen.