Merlin,
Gandalf, Voldemort, die Hexe im Märchen … , wer ihnen begegnet,
lebt gefährlich.
Doch
kein Zauber droht so Schreckliches, wie der, der seit Generationen
in den Kaschemmen der Jazzmusik die Kunstschaffenden bedroht:
Singe niemals einen Blues rückwärts!
Sofort füllt sich dein Portemonnaie, deine Frau kommt zurück und
du bist schlagartig nüchtern.
Der arglose Tageslichtbewohner fragt sich, was daran so schlimm sei,
aber die Nacht, die nicht allein zum schlafen da ist, hat ihre
eigenen Gesetze. Kommt ein Musikant in die Jazzkneipe und es stellt
sich heraus, daß er Bargeld bei sich trägt, kann er sich vor
Freunden nicht retten. Der Ansturm wird vom Kneipenwirt beendet, der
daran erinnert, daß noch Rechnungen aus den letzten sechs Monaten
offenstehen. Das Geld reicht nicht ganz, die Freunde gehen leer aus,
der Abend will nicht recht in Schwung kommen.
Sitzt
einer auf der Bühne und singt, daß seine Frau ihn verlassen hat,
kann er sich als Künstler anerkannt und ob seines traurigen
Schicksals stellvertretend für alle einsamen Herzen bemitleidet
fühlen. Sitzt die Frau zuhause, wartet, daß der Herr zum Abendessen
kommt, wenigstens einen Teil der Gage abliefert und dann auf der
Couch schläft, weil er stinkt, will das keiner hören, das Publikum
will sich im Nachtklub amüsieren, und nicht an Dinge denken , die
so schrecklich sind wie die Steuererklärung. „Füllest wieder Berg
und Tal still mit Nebelglanz, lösest endlich auch einmal meine Seele
ganz.“ So meiert es bieder in den Mittelgebirgen, in der
Musikkneipe wie im Mississippidelta wabert der Nebel aus der
Schnapsflasche direkt ins Gehirn. Und allein dieser vernebelte Kopf
macht das Leben als Nachtklubmusikant erträglich, bisweilen sogar
erstrebenswert. Deshalb: Singe
niemals einen Blues rückwärts!
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