Donnerstag, 24. Juli 2014

Vermischtes

Um nett zu plaudern, braucht es nicht viel Verstand. Auch den Ärger über seine Mitmenschen kann man wie von einer CD abgespielt verkünden, die Predigt wird durch einen Tritt auf den Schlips zuverlässig eingeschaltet.
Vielleicht ist der Mund so nah am Gehirn, damit Nachdenkliches keine zusätzliche Verzögerung erfährt, und es gibt mehr Bauchredner, bei denen der Abstand keine Rolle spielt, als gedacht. Manch einer müßte dann mit den Füßen trappelnd morsen.


Bürger wie ich, die alternativ, zu was auch immer, und ökologisch angehaucht sind, dürfen sich ohne schlechtes Gewissen im Nationalstolz von Fußballdeutschland integriert fühlen:
Großer Sieg am Amazonas, Deutschland ist Waldmeister!
Leider hat der Kapitän gekündigt, es geht das Gerücht, daß ab sofort in Latzhosen gespielt wird.


Jeder Pechvogel, der mit falscher Abstammung am falschen Platz auf dem Globus leben muß, weiß, was Erschütterungen für Psyche und Körper bedeuten, und wieviel davon ein Mensch aushalten kann, bis er vor die Hunde geht. Er könnte gern darauf verzichten.
Die Privilegierten in den Schrebergärten, von denen aus die Welt regiert und der Ertrag verzehrt wird, scheinen den Mangel an rustikalen Erschütterungen schmerzlich zu empfinden. Das erklärt die Anteilnahme am Leben der Prominenz und auch die gepflegten Streitigkeiten mit der Nachbarschaft. Erdbeben zum selberpflücken.


Samstag, 26. April 2014

In eigener Sache: Das Schachturnier

Zwei Dinge habe ich von der SEM 2014 mit nachhause gebracht: Einen hübschen Pokal für das gewonnene C-Turnier und häßliche Gewissensbisse, weil ich nicht bei der Preisverleihung anwesend war. Neun Tage schwebte mein Geist verspielt und glücklich über den Brettern, die Veranstalter hatten ihr Bestes gegeben, aber dann mußte ich mich in meinem Rollstuhl mit Problemen herumschlagen, die gerne noch auf sich hätten warten lassen können: Flucht war die einzige Lösung. Liebe Schachfreunde, ich bitte um Verzeihung.
Am letzten Tag gab es ein knappes Rennen um den Sieg zwischen Nicolas Bureik und mir. Hätte er seine letzte Partie gewonnen, wäre er nicht einzuholen gewesen.
Mein Sohn ist im selben Alter, sie teilen das Problem, daß manche Menschen nicht vom Affen abstammen, sondern von der Eule. Spät ins Bett, um 10h gähnend am Brett, Remis, Feinwertung, und plötzlich auf dem 2. Platz. Lieber Nicolas, ich habe Dir die Daumen gedrückt, Du warst der Einzige, der mich besiegt hat, und Du bist ganz klar der bessere Schachspieler von uns beiden. Aus unserer Partie habe ich richtig viel gelernt. Nach meiner letzten Partie habe ich den Schiedsrichter gefragt, ob es eine Möglichkeit gibt, mich ausser Konkurrenz zu werten, mit dem Aufstieg ins B-Turnier wäre ich auch ohne Platz auf dem Treppchen zufrieden, aber das ist nirgends vorgesehen und Spielregeln soll man nicht verbiegen.
Sehr beeindruckt hat mich auch Jasmine Hartmann: Freundlich, fürsorglich und fair.
Als ich mit meinem Rolli von der Toilette zurückkam, so etwas dauert seine Zeit, drückte sie auf den Pauseknopf der Uhr, die sie angehalten hatte, damit mir nicht die Bedenkzeit davonläuft. Am Brett hat sie mich ab der Eröffnung tief und gekonnt ins Grübeln gebracht. Wenn sie sich konzentriert, erinnert ihr Blick verblüffend an Mikhail Tal, den Magier von Riga. Ich habe mich auf Risiken eingelassen, weil ich verzwickte Stellungen mag. Plötzlich brach ein Gegenangriff los, ich gewann die Partie gerade noch, Jasmine erklärte mir am nächsten Tag, daß sie den Gewinnweg nur knapp verpaßt hatte. Caissa hatte mir zweimal freundlich zugelächelt. Als ich nach Hause kam, fragte meine Frau, wie es ausgegangen wäre. Strahlend stand der Glückspilz vor ihr und kündete von seinem Sieg. Sie meinte nur: „Dann kannst Du jetzt ja weiter im Kämmerchen aufräumen.“ Man muß wissen, wo man hingehört in diesem Leben, dann bleibt das Lächeln.
Thomas Penninger

(47) Bureik, Nicolas,Schwarzenbach (1332) - TP (1262)
SEM 2014 C-Turnier, 13.04.2014
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1.d2-d4 d7-d5 2.c2-c4 e7-e6 3.Sb1–c3 Sg8-f6 4.c4xd5 e6xd5 5.Lc1–g5 Lc8-f5 6.e2-e3 Lf8-e7 7.Lg5xf6 Le7xf6 8.Dd1–b3 b7-b6 9.Db3xd5 Dd8xd5 10.Sc3xd5 Lf6-d8 11.Sd5-c3 0–0 12.Sg1–e2 c7-c6 13.Se2-g3 Lf5-g6 14.Lf1–e2 Sb8-d7 15.Le2-f3 Ta8-c8 16.Lf3-e4 f7-f5 17.Le4-d3 b6-b5 18.Sc3-e2 Ld8-a5+ 19.Ke1–d1 h7-h6 20.Se2-f4 Lg6-h7 21.a2-a3 g7-g6 22.b2-b4 La5-b6 23.Ta1–c1 Tf8-e8 24.Kd1–d2 Kg8-g7 25.Tc1–c2 Lh7-g8 26.Th1–c1 Sd7-b8 27.Sf4xg6 Kg7xg6 28.Ld3xf5+ Kg6-f6 29.Lf5xc8 Te8xc8 30.Sg3-e4+ Kf6-e7 31.Tc2-c3 Lg8-d5 32.Kd2-d3 a7-a5 33.g2-g3 a5xb4 34.a3xb4 Sb8-a6 35.Tc1–b1 Tc8-f8 36.f2-f4 Tf8-e8 37.Se4-c5 Sa6-c7 38.e3-e4 Ld5-f7 39.f4-f5 Ke7-d6 40.g3-g4 Te8-g8 41.Tb1–g1 Sc7-e8 42.Tc3-c2 Se8-f6 43.e4-e5+ Schwarz gibt auf 1–0


(48) TP (1262) - Hartmann, Jasmine,Riegelsberg (1113)
SEM 2014 C-Turnier (4), 14.04.2014
1.e2-e4 e7-e6 2.d2-d4 b7-b6 3.Sg1–f3 Lc8-b7 4.Lf1–d3 c7-c5 5.c2-c3 Sg8-f6 6.Dd1–e2 Sb8-c6 7.Sb1–d2 c5xd4 8.Sf3xd4 Sc6xd4 9.c3xd4 Ta8-c8 10.0–0 Dd8-c7 11.f2-f4 g7-g6 12.e4-e5 Sf6-h5 13.Sd2-e4 Lf8-e7 14.Lc1–d2 0–0 15.Ta1–c1 Dc7-b8 16.Tc1–c3 Lb7xe4 17.Ld3xe4 f7-f6 18.Tc3-h3 f6xe5 19.Th3xh5 g6xh5 20.De2xh5 Tf8-f7 21.Tf1–f3 Le7-f8 22.Tf3-g3+ Lf8-g7 23.Dh5xh7+ Kg8-f8 24.Ld2-b4+ d7-d6 25.d4xe5 Tc8-c1+ 26.Kg1–f2 Tf7xf4+ 27.Kf2-e3 Tf4xe4+ 28.Dh7xe4 Lg7-h6+ 29.Ke3-e2 Db8-c8 30.Lb4xd6+ Kf8-e8 31.Tg3-g8+ Ke8-d7 32.De4-h7+ Kd7-c6 33.Dh7-e4+ Kc6-d7 34.Tg8xc8 Tc1xc8 35.De4-b7+ Kd7-d8 36.Db7-e7# 1–0



Sonntag, 5. Januar 2014

Gastbeitrag: LENI´s Kolumne

Letzter Schultag, ich bin auf dem Heimweg. Vor mir geht ein Mädchen, schätzungsweise aus der fünften Klasse, denn sie geht mir höchstens bis zur Hüfte ;)
Auf einmal dreht sie sich äußerst schwungvoll um, ich dachte schon ich hätte irgendwas verbrochen, da sie mich nervös wirkend und mit groß aufgerissenen Augen anschaut.
Ihr Stimme zittert ein bisschen als sie mich fragt: "Bist du nicht die, die am Adventskonzert Saxophon gespielt hat?" - "Jaha, die bin ich!" - "Oh, du hast aber schön gespielt."
Und weg ist sie, anscheinend zufrieden und selbst überrascht von Ihrem Mut, eine Zwölftklässlerin angesprochen zu haben.
Und ich bin mir sicher, mein Grinsen war für den Rest meines Heimwegs so breit, dass sich jeder in meinen Zähnen hätte spiegeln können!

Dienstag, 24. Dezember 2013

RAMADAMA

Der Ausdruck „Ramadama“ stammt aus München, aus der Nachkriegszeit, heißt anderswo „räumen tun wir“ und ist selbsterklärend. Bei mir zuhause hat er als Fremdwort die zusätzliche Bedeutung „Fröhliche Weihnachten“. Meine Frau machte unserem Sohn Dampf, damit er für die Festtage sein Zimmer aufräumt. Papas Zimmer sei viel unordentlicher, und der müsse nicht aufräumen vor Weihnachten, meinte Tim, Volltreffer. Sofort wechselte ich vom Festfaulpelz in den Philosophenmodus,der Stoizismus ging der Erfindung des Blitzableiters lang voraus, und ich hänge am Althergebrachten. Zugegeben, ich bin ein schlechtes Vorbild, das in seinem Zimmer durch den abendlichen Wechsel von Klapptisch auf Klappbett ein Leben als Dauercamper führt.
Dazu kommt, daß ich zu dumm bin, um meine Hausarbeit zügig zu verrichten: Ich brauche einfach zu lang, um die Schachaufgaben in den Pausen zu lösen. Und das Umsortieren der Bücher läßt jede Schnecke gähnen, weil ich das Lesen nicht lassen kann. Am Ende von Ramadama sitzen wir vor dem wirklich gelungenen Weihnachtsgebüsch, der Baum ist dieses Jahr deutlich kleiner ausgefallen, und beginnen, das Fest zu genießen. In diesem Sinne...

Samstag, 21. Dezember 2013

Die Farbe der Liebe

Rot ist die Farbe der Liebe. Und vom Weihnachtsmann. Und vom FC Bayern München.
Steckt denn hinter allem die Cola-Industrie? Dem Fußball mangelt es nicht an Geld, und die vertragliche Regelung des bezahlten Urlaubs beim Weihnachtsmann ist auch nicht von Pappe. Vielleicht ist er ja als Lehrer in der Baumschule verbeamtet. Wie ich auf solche Ideen komme? Mein Sohn demonstriert mir täglich, daß sich Weihnachtslieder mit derselben Inbrunst und Lautstärke vortragen lassen wie die Gesänge der Fans beim Heimspiel ihres Vereins. Da muß doch ein Zusammenhang bestehen.

Mittwoch, 11. Dezember 2013

NAVIGATION

Die Freitreppe, die zur Rezeption im Schwimmbad führt, ist lang und hoch. Sind meine Beine lahm und schwer, fällt es mir auch auf allen Vieren, also mit Krücken, schwer, voran zu kommen. Ich wurde schwach, und beschloß, den Zugang für Behinderte zu benutzen, der irgendwo im Gebäude versteckt ist. Nach dem Schwimmen ging ich zur Kasse und fragte nach dem Weg. Die junge Frau, die Dienst hatte, sie kennen mich alle, deutete zur Seite, dort würde ich am Ende eines Ganges hinter einer Glastür gleich rechts um die Ecke den Aufzug finden. Es sei nicht zu verfehlen, ich müßte nur an dem großen Weihnachtsbaum vorbei, dahinter sei der Gang. Freundlich bedankte ich mich, hielt einen Moment inne, und fragte: Und was mache ich an Ostern? Ein zweifelnder Blick aus großen Augen, dann ein helles Lachen: Sie wird mir einen großen Osterhasen hinsetzen, damit ich mich nicht verlaufe. Ohne Probleme fand ich den Ausgang, glücklich, daß mein Scherz angekommen war. Das ist nicht immer der Fall.

Samstag, 7. Dezember 2013

FEST DES FRIEDENS

Blutrünstig geht es in Bayern zu, genauer in Oberammergau, wenn Verrat und Hinrichtung
als ein Kernstück unseres Glaubens feierlich nachvollzogen werden. Die Welt scheint sich am christlichen Ideal zu orientieren, also alles in Butter?
Was die Butter angeht, gibt es auch friedliches Gedenken. Jesus wurde in einem Stall geboren, der aber keine zugige Holzbaracke gewesen sein muß. Viele Darstellungen zeigen eine Felsengrotte. Sollte das ein aufgelassenes Bergwerk gewesen sein, tief genug, um sich vor den Römern und ihren Spießgesellen zu verstecken? Im Saarland ist diese Sicht der Dinge verbreitet, das Bergwerk eine feste Größe. Deswegen ziehen wir der Dornenkrone den Christstollen vor. Alles in Butter.