Donnerstag, 24. Januar 2013

Ordnung muß sein

Realität ist eine Illusion, die durch den Mangel an Alkohol verursacht wird“
(Irisches Sprichwort)
Seit ich fast keinen Alkohol mehr trinke, wird mir von einigen Mitmenschen hin und wieder mangelnder Sinn für Realität vorgeworfen. Sehr merkwürdig, denn glaubt man den Iren, sollte ich doch mit beiden Beinen mitten drin stehen. Wie sie aussehen soll, diese alltägliche Lebensrealität, wird uns von der Werbung näher gebracht: Eine pikobello aufgeräumte und geputzte Designerwohnung mit möglichst großem Flachbildschirm, frei von Büchern und Katzenhaaren. Es gibt Sendungen im Fernsehen, in denen arglose Menschen damit überrascht werden, daß in ihrer Abwesenheit die Wohnung neu gestaltet wird. Sie kommen nach Hause, staunen und freuen sich in die Kamera. Was soll so toll an einer Küche mit garagengroßer Arbeitsplatte und allen erdenklichen Gerätschaften sein? Für mich stünden da bestimmt zwanzig nagelneue Mülleimer, die ich reihum raustragen dürfte. Ich bräuchte erstmal einen Schnaps. Um nun den Ansprüchen meiner Mitmenschen zu genügen, habe ich die Wanderordnung erfunden. In meinem geliebten und vollgestopften Zimmer räume ich eine Ecke auf, in der ich dann auf meinem drahtgeflickten Korbstuhl sitze, die Füße auf dem blauen Wackelhocker, mit freiem und zufriedenem Blick auf das kreative Durcheinander im Rest des Raumes. Hat die Ecke sich gefüllt, ziehe ich um. Nach und nach räume ich so das ganze Zimmer auf, ein Zirkularverfahren wie im Kraftsport, und gerate nie in Gefahr, mich elend, weil stocknüchtern, zu fühlen.

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