Samstag, 20. April 2013

25 Bahnen

Sport und Turnen füllt Gräber und Urnen“ (Der Bulle von Tölz)

Meine sportliche Karriere erreichte ihren Höhepunkt bereits in den frühen ´70er Jahren des finsteren 20.Jahrhunderts, ich war einen Sommer lang vom Rudersport besessen, trainierte bis zu fünfmal in der Woche und weiß seitdem, daß mir das Bedürfnis nach Konkurrenz und Wettkampf fehlt. Höre ich einen Startschuß oder die Worte „Auf die Plätze, fertig, los!“, sagt mir eine innere Stimme „Was soll der Blödsinn?“. Es ist die Stimme, die mir einflüstert, nach welchem Buch ich greifen soll und wo der Ausschaltknopf am Fernseher zu finden ist, den am Computer verschweigt sie mir hartnäckig. Und daß man Schachfiguren in eine Schachtel legen könnte, undenkbar.
Ich ruderte im Einer (ohne Steuermann), diese Disziplin müssen die Katholiken erfunden haben, der Blick ist endlos in die Vergangenheit gerichtet, und solange man den vorgeschriebenen Kurs einhält, darf man an einen Schutzengel glauben, der sich um die Zukunft kümmert, die direkt hinter dem krummen Rücken beginnt. Luther besaß ein Paddelboot, sonst hätte er die Geschichte nicht vorangebracht. Ich bin oft abseits der Strecke spazierengefahren, aus dem Boot gefallen, der Trainer hat mich als frei von Ehrgeiz abgeschrieben und nach der Winterpause war Schluß. Dabei bewege ich mich gern, Radeln, Wandern und heute noch das Schwimmen haben mich vor den Untiefen der Kneipenszene zuverlässig gerettet.
Wettkampf braucht Vergleichbarkeit. Deshalb wird beim Fußball im Fernsehen eine Statistik eingeblendet: Lahm ist am meisten gelaufen, klingt komisch, wird aber schon stimmen, wenn es da steht, deswegen ist er in der Nationalmannschaft der Kapitän. Beim Schach im Internet wird eine Computerevaluation gezeigt, die im präzisen Dezimalbruch angibt, ob es Schwarz oder Weiß demnächst an den Kragen geht. Spielzüge auf dem Rasen oder Stellungen auf den Quadraten beurteilen? Das war einmal.
In der Freizeit hin und her zu schwimmen, unvergleichlich zu sein, gilt als fragwürdig.
Wer von 1000 m spricht, setzt eine Marke. Ich schwimme, so lange es mir gut tut, das hängt von der Tagesform ab und riecht nach Angeberei durch Verniedlichung. Aber dahinter steht eine Philosophie der Bewegung: Die Rolltreppe in Fahrtrichtung gelaufen ist der Inbegriff der westlichen Zivilisation, schneller und höher, dem Ende entgegen, das Versprechen, daß die Seife beim Händewaschen dicker wird und sich Leistung immer lohnt. Laufen wir in die Gegenrichtung, sind wir bei Buddha, der Weg ist das Ziel.
An manchen Tagen ist es im Schwimmbad so voll, daß man seinen Weg sorgfältig suchen muß. Gefürchtet sind die gemütlich plaudernden Kreisschwimmer, in boshafter Stimmung nennen wir sie die U-Bootgefahr, der es auszuweichen gilt. Sowas von unsportlich!
Aber bislang ist es mir immer noch rechtzeitig eingefallen: Sie sind von meiner Sippe.

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