„Sport
und Turnen füllt Gräber und Urnen“ (Der Bulle von Tölz)
Meine
sportliche Karriere erreichte ihren Höhepunkt bereits in den frühen
´70er Jahren des finsteren 20.Jahrhunderts, ich war einen Sommer
lang vom Rudersport besessen, trainierte bis zu fünfmal in der Woche
und weiß seitdem, daß mir das Bedürfnis nach Konkurrenz und
Wettkampf fehlt. Höre ich einen Startschuß oder die Worte „Auf
die Plätze, fertig, los!“, sagt mir eine innere Stimme „Was soll
der Blödsinn?“. Es ist die Stimme, die mir einflüstert, nach
welchem Buch ich greifen soll und wo der Ausschaltknopf am Fernseher
zu finden ist, den am Computer verschweigt sie mir hartnäckig. Und
daß man Schachfiguren in eine Schachtel legen könnte, undenkbar.
Ich
ruderte im Einer (ohne Steuermann), diese Disziplin müssen die
Katholiken erfunden haben, der Blick ist endlos in die Vergangenheit
gerichtet, und solange man den vorgeschriebenen Kurs einhält, darf
man an einen Schutzengel glauben, der sich um die Zukunft kümmert,
die direkt hinter dem krummen Rücken beginnt. Luther besaß ein
Paddelboot, sonst hätte er die Geschichte nicht vorangebracht. Ich
bin oft abseits der Strecke spazierengefahren, aus dem Boot gefallen,
der Trainer hat mich als frei von Ehrgeiz abgeschrieben und nach der
Winterpause war Schluß. Dabei bewege ich mich gern, Radeln, Wandern
und heute noch das Schwimmen haben mich vor den Untiefen der
Kneipenszene zuverlässig gerettet.
Wettkampf
braucht Vergleichbarkeit. Deshalb wird beim Fußball im Fernsehen
eine Statistik eingeblendet: Lahm ist am meisten gelaufen, klingt
komisch, wird aber schon stimmen, wenn es da steht, deswegen ist er
in der Nationalmannschaft der Kapitän. Beim Schach im Internet wird
eine Computerevaluation gezeigt, die im präzisen Dezimalbruch
angibt, ob es Schwarz oder Weiß demnächst an den Kragen geht.
Spielzüge auf dem Rasen oder Stellungen auf den Quadraten
beurteilen? Das war einmal.
In
der Freizeit hin und her zu schwimmen, unvergleichlich zu sein, gilt
als fragwürdig.
Wer
von 1000 m spricht, setzt eine Marke. Ich schwimme, so lange es mir
gut tut, das hängt von der Tagesform ab und riecht nach Angeberei
durch Verniedlichung. Aber dahinter steht eine Philosophie der
Bewegung: Die Rolltreppe in Fahrtrichtung gelaufen ist der Inbegriff
der westlichen Zivilisation, schneller und höher, dem Ende entgegen,
das Versprechen, daß die Seife beim Händewaschen dicker wird und
sich Leistung immer lohnt. Laufen wir in die Gegenrichtung, sind
wir bei Buddha, der Weg ist das Ziel.
An
manchen Tagen ist es im Schwimmbad so voll, daß man seinen Weg
sorgfältig suchen muß. Gefürchtet sind die gemütlich plaudernden
Kreisschwimmer, in boshafter Stimmung nennen wir sie die
U-Bootgefahr, der es auszuweichen gilt. Sowas von unsportlich!
Aber
bislang ist es mir immer noch rechtzeitig eingefallen: Sie sind von
meiner Sippe.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen